Dienstag, 3. April 2012

Gruß aus Griechenland

Zwei Meldungen dominieren die öffentliche Meinung der vergangenen Tage.
Auf den ersten Blick scheinen sie nichts miteinander zu tun zu haben, denn was hat der steigende Benzinpreis mit den Gehaltssteigerungen für den öffentlichen Dienst zu tun?
Eine ganze Menge, so meine ich, beides wirkt nämlich in die Richtung, die Schere zwischen arm und reich, die sich in den vergangenen Jahren gerade in Deutschland im Europavergleich überproportional geöffnet hat, weiter aufzusperren.

So werden die Einkommenssteigerungen für den öffentlichen Dienst ja regelmäßig mit der Forderung begründet, an der allgemeinen Einkommensentwicklung und dem Wirtschaftswachstum gerecht beteiligt zu werden.

Nun, da fragt man sich doch zweierlei, wo wurde denn für den Normalbürger eine positive Wirtschaftsentwicklung spürbar? Im Portemonnaie wohl sicher nicht. Viele handwerklich tätige Arbeiter, die ja gerade die sind, durch die Gegenwerte des umlaufenden Geldes geschaffen werden und ohne deren Leistung der Geldwert inflationär wie nach dem Ersten Weltkrieg wäre, mussten doch in den vergangenen 10 Jahren effektive Lohnsenkungen verkraften und verdienen heute gemessen an der realen Leistungsmöglichkeit 10 – 15 % weniger als noch vor Jahren.
Die zweite Frage ist, wie kann man etwas aus dem Bruttosozialprodukt entnehmen und verteilen, wenn das Steueraufkommen gerade mal 85% der bereits jetzt zu deckenden Kosten ausgleichen kann?
Was nicht erwirtschaftet ist, kann man nicht verteilen. Außer, man erhöht nicht nur die Gehälter des Öffentlichen Dienstes, sondern zugleich dessen Zusatzfinanzierung durch Gebühren und Steuern, die dann von Jedermann einen zusätzlichen Beitrag abfordern. Das bedeutet, alle Bürger werden durch die Gehaltserhöhung erst einmal weniger Geld haben. Der kleinen Gruppe der Mitglieder des Öffentlichen Dienstes werden diese zusätzlichen Kosten, wegen der Verteilung auf alle Schultern, einen Gehaltszuwachs bescheren, der ihren Eigenanteil an dessen Finanzierung deutlich übersteigt. Alle, die nicht dem Öffentlichen Dienst zugehören, werden dafür weniger Geld in der Tasche haben. Das nennt man Umverteilung und nicht Beteiligung an einem Wirtschaftswachstum.
Dass das Steueraufkommen momentan gestiegen ist, liegt nicht daran, dass alle Bürger mehr verdienen und somit auch höhere Steuern bezahlen, sondern dass mehr bisher Arbeitslose zu grenzwertigen Löhnen eingestellt wurden. Somit wuchs die Lohnsumme absolut bei sinkendem Durchschnittseinkommen der Arbeiter, was sicher keine ‚Einkommensanpassung‘ nach oben für Staatsangestellte begründen kann, die absolut nichts zu dem momentanen Wirtschaftsaufschwung beigetragen haben.

Es stellt sich aber auch die Frage, ob eine kurzfristige Steuereinnahmensteigerung eine langfristige Kostenverpflichtung rechtfertigen kann. In diese Falle gerieten ja alle südeuropäischen Staaten, allen voran Griechenland. Sinkt nämlich die Konjunktur wieder, so brechen die hohen Einnahmen weg aber die Kosten bleiben auf dem angehobenen Niveau und werden sehr schnell untragbar. Folge ist dann wieder der Zwang, Steuern und Gebühren zu erhöhen, um die zu hohen Staatsgehälter zu bezahlen, was die Einkommensschere dann weiter aufspreizt. Richtig wäre es doch wohl, erst einmal den Staatshaushalt so zu gestalten, dass die Einnahmen alle Kosten decken, ohne dass eine jährliche Neuverschuldung notwendig wird. Richtig wäre es auch, die Gesamtsumme aller Gehälter der Staatsbediensteten prozentual an den Vorjahresertrages eines Staates zu koppeln. Wurde dann im Vorjahr gut gewirtschaftet, so führte das im Folgejahr zu Einkommenssteigerungen, quasi als Bonus. Ging die Konjunktur zurück, so bedeutet das eine Senkung der Einkommen des Öffentlichen Dienstes, wie es vielen anderen Bürgern durch reale Lohnkürzungen oder Arbeitslosigkeit schon immer zugemutet wird.
Was hatte das Ganze nun mit dem Benzin, bzw. Energiepreisen zu tun. Nun, die Entwicklung der Energiekosten werden nach Vorhersagen von Wirtschaftssachverständigen die Konjunktur in hohem Maße dämpfen, so dass genau das oben befürchtete Szenario zu erwarten ist, nämlich die Unfinanzierbarkeit der Einkommenssteigerung des Öffentlichen Dienstes, sofern nicht hierzu allen anderen Bürgern Geld hierzu abgeknöpft wird.
Kleine Betriebe werden nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können und unter Arbeitsplatzvernichtung aufgeben. Größere Betriebe werden die gestiegenen Kosten weitergeben und so die Kaufkraft der Bürger zu Lasten anderer Anbieter abziehen, was weitere Unternehmenskonkurse bewirken wird. Bürger werden ihr Auto häufiger ungenutzt stehen lassen, was Tankstellen und Werkstätten in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen wird. Nicht anders wird es Regionen gehen, die vom Tourismus und von Urlaubsfahrten leben. Museen, Gaststätten und Freizeiteinrichtungen werden schließen. Die Konjunktur wird einbrechen und damit werden die Einkommenssteigerungen des Öffentlichen Dienstes für den Staat, vor allem für die Kommunen, überhaupt nicht mehr finanzierbar bleiben (sofern sie das jemals waren).
Den dadurch wieder sinkenden Steuereinnahmen kann der Staat nur noch durch Abgabenerhöhungen entgegen treten. Die Einkommensteuer kann hier nichts bewirken, denn durch sinkende Einkommen der breiten Masse werden Steuersatzerhöhungen durch die grundgesetzliche Verpflichtung, dabei generell das Existenzminimum steuerfrei zu halten und die Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, kaum Mehrerträge bringen.
Der Staat wird daher wie immer zu den sozial ungerechtfertigten und verfassungsmäßig fragwürdigen Möglichkeiten greifen, Gebühren und Mehrwertsteuer zu erhöhen.
So fing es bei Griechenland auch an, das Ergebnis ist bekannt.

Donnerstag, 1. September 2011

Selbstbetrug

Ich habe mich soeben selbst betrogen. Um welchen Betrag?, ich kann es nicht sagen. Vielleicht um fünf Euro, aber vielleicht auch um zehntausnde Euro. Dazwischen ist alles drin. Und der Betrug ist sofort rechtskräftig und nicht justiziabel, sofern er meinen eigenen Angaben folgt. Ich habe nämlich soeben meine Steuererklärung abgegeben. Zwölf unterschiedliche Formulare – Einkommensteuererklärung, Anlage AV, Anlage Kind, Anlage G, Anlage EÜR, Umsatzsteuererklärung, Anlage St, Anlage UR, Anlage KAP, Anlage Vorsorgeaufwand, Anlage N, Anlage V.
Alle politischen Parteien reden von Steuererleichterungen und Reduzierung des Aufwandes für die Steuererklärung. Dabei geschieht genau das Gegenteil. Vorgeblich, um mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen, wächst die Flut der anzugebenden Daten unaufhörlich und erreicht somit genau das Gegenteil, nämlich eine längst unzumutbare Steuer- und Belastungsungleichheit wegen Unverständnis der vorschriebenen Formulare.

Am Besten dran sind die Bürger, die nichts oder so gut wie nichts verdienen, denn sie bleiben auf jeden Falle steuerfrei, selbst, wenn sie keine Steuererklärung abgeben.
Am zweitbesten haben es die Großverdiener, denn sie haben zwar erhebliche Aufwendungen für Steuerberater, die nehmen ihnen dann aber auch alle Arbeit ab und erzielen Steuerbefreiungen und –erstattungen, die ihre Kosten mehrfach übersteigen. Im günstigsten Falle bezahlen sie überhaupt keine Steuern mehr oder erhalten vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene Erstattungen, was bei milliardenschweren Aktiengesellschaften trotz Rekordgewinnen nahezu Regel ist.
Die Arschkarte haben die Kleinunternehmer und der Mittelstand, denn irgendwo muss der Staat ja seine Steuereinnahmen erzielen, mit denen er seine Bediensteten bezahlen kann. Kleinunternehmer haben keine Lobby, sie haben nur Pflichten. Das betrifft insbesondere Unternehmer, die eine natürliche Unternehmensform gewählt haben, Freiberufler, aber auch Arbeitnehmer.
In Stunden- bis monatelanger Arbeit müssen sie alleine aus gesetzlichem Zwang heraus für den Fiskus erst einmal die Besteuerungsgrundlage berechnen. In besseren Zeiten waren das für mich zum Beispiel täglich 3-4 Stunden unbezahlte Nachtarbeit (entgegen Art. 12 und 14GG), im Jahr kumuliert nach zulässiger Höchstarbeitszeit drei volle Arbeitsmonate, die ausschließlich als Dienstleistung dem Staat erbracht wurden, als Zwang entgegen Artikel 12 GG, denn dass das mit Zwang verbunden ist, merkt man ganz schnell an dem Zwangsgeld, dass das Finanzamt sehr schnell verhängt, so man das nicht tut.
Ein Kleinunternehmer benötigt keine aufwändige Buchhaltung, allenfalls eine Tabelle mit Außenständen und Verpflichtungen, um nicht die Kontrolle über seine Zahlungsfähigkeit zu verlieren. Nach Verfassung ist es erst einmal die freie Entscheidung des Unternehmers, festzulegen, welche Daten er zur Aufrechterhaltung seiner Geschäftstätigkeit in Abwägung der daraus resultierenden Arbeitsbelastung sinnvollerweise erfasst und aufzeichnet. Alles darüber hinausgehende macht er ausschließlich ‚im Auftrag‘ des Staates. in einem als ‚nicht abweisbar gestellten‘ Auftrag, somit einem Werkvertrag, der nach BGB bei dem Auftraggeber regelmäßig eine Zahlpflicht auslöst. Nach Artikel 12 GG müsste der Staat den Unternehmer daher auch bei einer – im Verfassungsartikel ausdrücklich nicht zugelassenen – Zulässigkeit des Zwangs zur Anfertigung eigener Buchhaltung für seine ureigenen Zwecke entlohnen. Und zwar nach höchstrichterlicher und EU-Rechtsprechung mit gleichem Satz, wie er für vergleichbare Tätigkeit üblich ist. Heranzusziehen wären hier die Entlohnung für Finanzbeamte, bzw. Steuerberater, deren Gebührenordnung, und somit auch der Wert für die Buchhaltung, vom Staat selbst parlamentarisch verabschiedet und wertbemessen wurde.
Nach getaner Arbeit muss man dann die Daten in das Steuerformulare, bzw. den Formularsatz eingeben.
Bei den Einnahmen hat man da keine Schwierigkeiten. Die sind im Steuerformular sehr leicht verständlich definiert. Die Probleme beginnen allerdings beim Eintragen der zum Abzug zulässigen Ausgaben. Hierzu sind unverhältnismäßig viele Anlagen auszufüllen. Jeder Betrag, den man hier zu seinen Gunsten irrtümlich einschreibt, wird vom Finanzamt natürlich wieder gestrichen. Jeder Betrag, den man wegen Unverständnis vergisst einzutragen, was wohl bei nahezu jeder ohne steuerlichen Beistand ausgefüllten Formularen der Fall sein dürfte, verbleibt dem Steuerpflichtigen als Einkommen, ohne das dies gesetzlich und real auch zutrifft. Der Steuerbeamte wird kaum darauf hinweisen, dass man einen begünstigenden Sachverhalt vergessen hat anzugeben. Das darf er sogar nach Gesetz nicht! Denn der Staat reibt sich da lieber die Hände über so viel (bewusst arrangiertes) Unwissen. So sollte mal ein Geschäftsmann vorgehen. Sehr schnell würde der Gesetzgeber Betrugsabsicht unterstellen und Transparenz erzwingen und Gerichte würden die zustande gekommene Gesetzesbeziehung wegen Arglist für nichtig erklären.
Die (durchaus gewollte) Wirkung der Steuererklärungsformulare ist somit, dass alle Einnahmen zutreffend erfasst sind, statistisch jedoch die überwiegende Mehrheit der Steuerpflichtigen dabei auf ein rechnerisch zu hohes effektives Einkommen kommt, weil einkommenmindernde Tatsachen nicht vorgetragen, ja oft entsprechende Belege unwissentlich nicht einmal gesammelt wurden.
Das hat mit Steuergerechtigkeit und oft auch mit der verfassungsmäßigen Freistellung des Existenzminimums absolut nichts zu tun.
Natürlich, man könnte einen Steuerberater einschalten. Eine Person, die einem dann die Arbeit kostenpflichtig abnimmt, die der Staat entgegen Artikel 12 zwangsweise verlangt. Für einen Kleinbetrieb entstehen so Kosten in 4-5 stelliger Höhe, die vom Unternehmereinkommen abgehen. Somit ersetzt er seine unzulässig geforderte Arbeit zu Zweck und Nutzen des Fiskus durch eine erhebliche Geldzahlung. Nun, er kann sie steuerlich absetzen, aber das bedeutet ja nicht, dass er dadurch seine Kosten für den Steuerberater erstattet erhält, sondern nur einen Teilbetrag hiervon, dessen Prozentsatz seinem nach Steuererklärung effektiven Steuersatz entspricht. Bei einem durchschnittlichen Einkommensteuersatz von 25% erhält er somit gerade ein Viertel der Kosten zurück, die er ausschließlich für staatliche Verwendung und Nutzen hat aufwenden müssen. Der Rest geht nach wie vor von seinem Einkommen und so seinem eigenen Lebensunterhalt ab.
Kommt aus der Buchhaltung dann allerdings Verlust oder die Nichterreichung des Existenzminimums heraus, so ergibt sich aus der Beauftragung eines Steuerberaters keinerlei finanzieller Nutzen – außer vielleicht, nicht zu Unrecht zur Steuer veranlagt zu werden. Der Steuerzahler muss zugunsten des Fiskus seine gesamten Aufwendungen für den selbstverständlichen, verfassungsmäßig garantierten Anspruch auf gerechte Besteuerung vollständig selbst tragen, was dann völlig rechtswidrig, zu einer Unterschreitung des grundgesetzlich garantierten Existenzminimums führt. Das bewirkt das Paradoxon, dass Personen, die maximal das Existenzminimum zuzüglich der Steuerberatungskosten verdienen, zur Kasse gebeten werden, damit sie Anspruch und Zugang auf Gewährung ihres grundgesetzlich uneinschränkbaren Grundrechts auf Freistellung des Existenzminimums erhalten. Er trägt somit in jedem Falle die Kosten, die der Staat erspart, in dem er die Arbeit seiner Finanzbeamten so weit es möglich ist, auf die Steuerzahler abwälzt. Es trifft hier vor allem genau den Personenkreis, der in der Realität keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besitzt und an dem alle Kosten und Arbeiten daher ohne jedweden bedingten Erfolg einer Steuerersparnis hängen bleiben.

Nun, wird man ja meinen, der Staat hat ja die Möglichkeit für Kleinunternehmer geschaffen, der extrem belastenden und teils geschäftsabwürgenden Buchhaltungsarbeit zu entgehen, in dem er schlicht seine Einnahmen angibt. Davon werden dann pauschal 50% als Kosten abgezogen, den Rest muss er versteuern.
Nur, welcher Kleinunternehmer hat schon eine Umsatzrendite von 50%. Das schafft überhaupt niemand. Die durchschnittliche Umsatzrendite bei Mittelständlern liegt zwischen 1-5 Prozent. Kleinunternehmer erzielen höchstwahrscheinlich in den ersten Geschäftsjahren sogar reale Verluste! Der Kleinunternehmer kann somit nur abwägen, was für ihn teurer kommt, einen Steuerberater zu beauftragen, seine eigene kostbare Zeit einzusetzen, die er dringend zum Aufrechterhalten seines Betriebs benötigt, oder schlicht weg 50% seines Umsatzes zu versteuern, auch wenn er weiß, dass er damit ein Vielfaches dessen bezahlt, zu dem er bei Abgabe einer Buchhaltung verpflichtet wäre.

Wie der Kleinunternehmer, Mittelständler oder Arbeitnehmer es auch dreht, er kann der Situation, dass er erheblich mehr Steuer und geldwerte Arbeitszeit an den Staat abliefert, als er nach seinen realen Lebensverhältnissen gesetzlich leisten müsste, nicht entgehen. Die Kleinunternehmer und Mittelständler ernähren zwar 70% der Bevölkerung, sie treten allerdings weitgehend als Einzelkämpfer auf und ihnen fehlt eine Lobby.

Dabei wäre die Lösung der Besteuerungsfrage sehr einfach. Jeder Bürger müsste nur verpflichtet werden, neben seinem privaten Bankkonto ein zweites Einkommenkonto zu führen, das auf Grund einer Kontonummereigenschaft sofort als Einkommenskonto erkennbar sein muss. Unternehmen müssen ein zusätzliches, ebenfalls codiertes Konto führen, auf denen die Gelder eingehen, die aus privatem Konsum herrühren. Gewerbliche Zahlungen dürfen nur an solche Konten geleistet werden.
Am Ende wird jeweils die im Geschäftsjahr auf Geschäftskonten entstandene Differenz gewerblich steuerlich erfasst, alle an Privatkonten geflossenen Beträge dort als Einkommen gewertet. Die Privatkonten unterliegen zusätzlich der Vermögenssteuer. Buchprüfungen reduzieren sich nur darauf, in wieweit Zahlungen korrekt über die vorgesehenen Konten abgewickelt wurden, bzw. es sich um gewerbliche Aus- und Einnahmen handelte. Das würde die staatliche Finanzverwaltung , Gewerbe und Steuerpflichtige in hohem Maße entlasten.
Alle bisher abzugsfähigen Lebensführungskosten entfallen zu Gunsten einer einzigen und für alle Einkommensgruppen gleichen Pauschale, die alle Grundaufwendungen der Personen abdeckt, die von dem entsprechendem Einkommen leben müssen. Letztlich sind die Parlamentarier in eigenem Falle, nämlich beim den ‚steuerfreien Diäten‘ von Anbeginn an entsprechend pauschal vorgegangen.
Die Umsatzsteuer sollte komplett abgeschafft werden. Auch vor 1968 konnte der Staat sehr gut ohne sie leben, selbst bei den damals niedrigeren Einkommensteuersätzen. Sie bläht nicht nur Verwaltung und Kosten auf, sondern führt sowohl bei Unternehmern als auch bei Verbrauchern zu unzulässigen Zahlungspflichten, weil sie verfassungswidrigerweise weder Belastungsgleichheit, noch Freistellung des Existenzminimums berücksichtigt.
Damit käme man endlich bei der Buchhaltung auf ‚einem Bierdeckel‘ an, wie sie die Politik bereits in den 1980er Jahre versprochen hatte.

Dienstag, 9. August 2011

Gibt es Schwarze Freitage ?

Ja, dass muss man schon zugeben, für Kleinanleger gibt es solche Stichtage, an denen sie womöglich all ihr Hab und Gut verlieren, - zugunsten einiger Großanleger, für die dieser Freitag dann zum Feiertag wird.
Geld wird nämlich nicht vernichtet, sondern verteilt und wenn viele einiges an Geld verlieren, bedeutete das, dass einige viel Geld gewinnen.
An Schwarzen Freitagen wird kein Geld vernichtet, wohl werden an solchen Tagen Schicksale gemacht.
Erinnern wir uns an die Kindheit, in der viele Menschen davon sprachen, an der Währungsreform viel Geld verloren zu haben. Aus individueller Sicht ist das verständlich, volkswirtschaftlich gesehen stimmt es nur bedingt, nicht bedingt wegen des überfälligen und notwendigen Kapitalschnitts zu diesem Stichtag, sondern durch die Folgen, die dieser für die unvorbereitete Masse der kleinen Bürger und die Kleinbetriebe hatte.
Richtig ist, eine Währungsreform und auch ein Börsencrash bedeuten eine zwingende Korrektur jahrzehntelanger monetärer Fehlentwicklung.
Die deutsche Währungsreform 1948 musste – auch bei einem ev. gewonnenen Krieg – zwangsläufig kommen und war bereits 1943 angeplant, nur mit dem Unterschied, dass bei gewonnenem Krieg die unterlegenen Gegner die Last der kriegsbedingten Geldentwertung aufgebürdet bekommen hätten. So musste sie von den Deutschen selbst, aber auch von den Kriegsgegnern getragen werden.
Das Problem war nicht der Stichtag 20. Juni 1948, sondern, dass das Deutsche Reich, aber auch alle anderen Kriegsbeteiligten, schlicht den Krieg mit ungedecktem Papiergeld finanziert hatten. So hatte Deutschland zehn Mal mehr Geld gedruckt, als an Deckung für dieses Geld vorhanden war. Das Geld war nur bedrucktes Papier und nur so lange etwas Wert, so lange die Menschen bereit waren, in ihm einen Wert zu sehen.

Und mit der Währungsreform nach dem 2. Weltkrieg beginnt auch das heutige Geldproblem.
Amerika war im 2. Weltkrieg der größte Rüstungslieferant. Vor seinem Kriegseintritt 1941 verkauften die Amerikaner Rüstungsgüter an alle, danach vor allem an seine verbündeten Truppen Frankreich und England. Daher und durch die Reparationsforderungen an die Kriegsverlierer, waren nahezu alle Kriegsbeteiligten gegenüber den Vereinigten Staaten hoch verschuldet.
Aber streng genommen gab es ja nur noch Papiergeld und keine Werte mehr, denn das Rüstungsmaterial, das von den Amerikanern als Gegenwert zum Geld produziert worden war, war ja im Krieg eingesetzt und zerstört worden. Es war also bedingt durch den Aufschwung der Rüstungsindustrie Geld zur Bezahlung der Löhne gedruckt worden, aber der Gegenwert der Arbeit, die Bombe, die Patrone, das Flugzeug, das Schiff etc. war bestimmungsgemäß zerstört worden. Das Geld war somit streng genommen ohne jeden Gegenwert und nach geldwirtschaftlicher Logik hätte man für jedes zerstörte Flugzeug, jedes versenkte Schiff, jede verschossene Patrone und jede geworfene Bombe das dafür bezahlte Geld wieder aus dem Verkehr ziehen müssen. Hinzu noch den Gegenwert der zerstörten Häuser und Vermögenswerte.
Es bestand daher nach dem 2. Weltkrieg ein Überhang an Geld und die gesamte Westliche Welt war gegenüber Amerika verschuldet, hatte aber kein Geld. Also druckte Amerika, anstatt Geld aus dem Verkehr zu ziehen, neues Geld, das sie den Westlichen Staaten als Marschallplangelder zur Verfügung stellte, damit diese damit ihre Wirtschaft ankurbeln konnten um damit ihr Schulden an Amerika zu bezahlen. Zu den ungedeckten Dollars der Kriegszeit kamen so weitere hinzu. Und aus dem Verkehr konnte der Amerikanische Staat das Geld nicht ziehen, da er es ja gar nicht mehr besaß. Es war ja regelmäßig nach oben auf die Konten privater Bankhäuser und Großunternehmen gewandert. Um das überschüssige Geld vernichten zu können, hätte es aber an den Staat zurückfließen müssen. Er hätte also sich das Geld allenfalls leihen können, um es zu vernichten, in der Hoffnung, es dann mittels Steuereingänge zurückzuzahlen, ansonsten hätte es ja samt der fälligen Zinsen wiederum neu gedruckt werden müssen. Ein Kreislauf, der eine Eigendynamik besitzt, aus der ausschließlich Bankenenteignung und extreme Steuern auf Größteinkommen als Ausweg vorhanden war. Diesen Weg wollte das Niedrigsteuerland Amerika aber nicht gehen.
Der Überhang an Geld wuchs daher ohne jeden Bezug zur produzierten Ware. Diesen Überhang verlieh Amerika an andere Staaten, damit diese wiederum seine Produkte kaufen konnten. Die Geldmenge wuchs unaufhörlich und so etwas geht eben nur so lange gut, wie Menschen bereits sind, das Geld als Wert anzunehmen. Aber auch dann sättigt sich der Geldumlauf weltweit irgendwann in solchem Maße, dass es keine produktive Verwendung für das viele Geld mehr gibt. Schwindet aber das Vertrauen, weil langsam auch dem Dümmsten Zweifel an dem geldpolitischen Schneeballsytem kommen, wird das Geld genau zu dem was es ist, zu Papier. Die Krise kommt daher nicht unerwartet und die Kapitalbesitzer haben sich schon lange darauf vorbereitet und krisensicher umorientiert. Ihre gut organisierte Flucht aus den von ihnen in die Krise gestürzten Währungen beschleunigt deren Zerfall. Die Zeche bezahlt der kleine Bürger, der die Krise weder erzeugt, noch zuvor an dem System verdient hatte, ihm aber unabwendbar ausgeliefert ist. Der Schwarze Freitag ist nicht der Tag, an dem Vermögen vernichtet werden. Es ist der Tag an dem zum ersten Mal öffentlich darüber gesprochen wird, dass dies seit langem so ist. An der daraus resultierenden Panik verdienen dann die Krisenverursacher erst richtig, in dem sie die Realvermögen, die die krisengeplagten Bürger um zu Überleben aufgeben müssen, für einen Appel und .ein Ei aufkaufen. Nach der Krise ist dann für sie vor der Krise, denn Krisen sind ihr Geschäft.

Donnerstag, 3. März 2011

Und als die ersten Zweifel laut wurden, erkannte das Volk, dass der Baron keine Kleider anhatte...

Baron von Guttenberg ist nach seinem märchenhaften Aufstieg zurückgetreten, denn sein neues Kleid erwies sich plötzlich als nicht existent, gerade so, wie es nach einem Märchen dem Kaiser ging, der sein Volk mit einem nichtvorhandenen Kleid verzaubern wollte.

Nun, alle Fakten liegen auf dem Tisch und daher ist es Zeit, eine Analyse vorzunehmen.
Erklärte Frau Merkel nicht stolz, in den ersten Reihen marschiert zu sein, als das Volk die DDR-Minister stürzte, die das Volk jahrelang durch Unwahrheit und Fälschungen um die Demokratie betrogen haben?
Und nun verunglimpft sie das Volk, das von Herrn Guttenberg nichts mehr verlangte, als die Wahrheit zu erklären , eine Wahrheit, die längst durch unumstößliche Indizien bekannt ist.

Es ist hier nicht die Frage, ob Herr von Guttenberg sein Amt zur Zufriedenheit vieler ausgefüllt hatte. Das kann einerseits an deren Ansprüchen liegen, andererseits hätten – und das muss mal deutlich gesagt werden – Tausende anderer Bundesbürger das nicht weniger gut tun können, so sie von den Parteien genauso in dieses politische Amt gehoben worden wären. Was zeichnet von Guttenberg gegenüber anderen aus, sein hoher Adelstitel, der ja seit 1919 verfassungsgemäß keine Rolle in der Politik spielen darf?
Sein Ministeramt befähigte ihn Professoren zu ernennen, die ihm selbst wegen seines unterdurchschnittlichen Jura-Abschlusses ohne Zweites Staatsexamen nicht einmal die Fähigkeit für den Anwaltsberuf zugebilligt hatten, denn sowohl für beamtete Juristen als auch für die Zulassung als Anwalt ist das Bestehen der 2. Staatsprüfung vorgeschrieben (BGH Urteil AnwZ (B) 92/09).
Spiegelt die Ausbildung den Gehaltsanspruch wieder, so liegt dieser für einen Juristen mit nur Erstem Staatsexamen bei maximal 20.000,- Euro im Jahr, denn der Markt ist in Deutschland mit mehr als 150.000 Volljuristen mehr als gesättigt.
Nun, es gibt genügend Bürger, denen gelang mit deutlich geringeren Berufszeugnissen wirtschaftlich oder politisch Karriere zu machen. Es ist noch gar nicht so lange her, als sich Joschka Fischer als Realschüler und Taxifahrer ohne schmückendes Beiwerk bis ins Ministeramt erhob und zwar vollständig durch eigene Leistung. Ebenso wie von Guttenberg wurde er der beliebteste deutsche Politiker, genoss und genießt bis heute hohes politisches und gesellschaftliches Ansehen. Und seinen Dr.-Titel , ja sogar Professorentitel erhielt er ohne Studium und ohne Dr. Arbeit alleine durch Anerkenntnis seiner Leistungen.
Wäre dieser Weg nicht auch sinnvoll für von Guttenberg gewesen. Vorgeblich 7 Jahre harter Arbeit hat er in seinen Dr.-Titel investiert. Eine lange Zeit, in der andere Jura-Studenten ihr gesamtes Studium inklusive Zweitem Staatsexamen und Dr.-Titel erledigen, ohne dabei auf die Mithilfe von wissenschaftlichen Diensten zurückgreifen zu müssen und können. Auf Grund des allgemeinen Alters von Studenten höherer Semester hatten sie teils ebenfalls Familie und Kinder. Als Nicht-Millionäre überwiegend sehr viel geringeres finanzielles Polster, als es Herrn von Guttenberg zur Verfügung stand, wodurch sie zusätzlich zu harten und schlecht bezahlten Nebenjobs gezwungen waren.
Natürlich lege ich nicht die Hand ins Feuer, dass nicht auch in diesen Fällen bei Doktorarbeiten heftig abgeschrieben wurde. Manch‘ ein Dr. jur. hat eventuell sogar noch viel mehr abgeschrieben als Herr von Guttenberg und er wird diesen Dr.-Titel dennoch auf ewig unbeanstandet führen, weil seine Arbeit niemals gelesen wird und wenn doch, der Leser kein Interesse hat, daran zu rühren sondern die Arbeit lediglich kopfschüttelnd wieder zurück ins Bibliothekenregal schiebt.
Der Unterschied liegt in der Position, aus der man eine solche Arbeit verfasst. Und diesen feinen Unterschied muss ein Diplomat wohl kennen. Jeder Furz eines hohen Regierungsbeamten wird hinterfragt und jeder höhere Amtsträger hat immer mehr Gegenspieler als Mitspieler. Es besteht daher ein nahezu hundertprozentiges Risiko, dass Verfehlungen aufgedeckt werden. Und die Konsequenzen daraus hätten Herrn von Guttenberg bekannt sein müssen, ansonsten ist er eben nicht der gute Politiker, als der er präsentiert wird. Persönliche Eitelkeit hat nicht nur Karrieren zerstört, sondern kann auch Staaten gefährden.
Man beachte hier das Urteil, dass der ehemalige Bundespostminister Schwarz-Schilling gegen einen kleinen Postbeamten durchsetzte, der in einem Ortsbeirat für die DKP kandidiert hatte. Der BGH entschied, dass es bezüglich der Zuverlässigkeit im Sinne des Demokratischen Rechtsstaates keinesfalls nur darauf ankäme, ob sich ein Staatsdiener in Friedenszeiten rechtsstaatlich verhielt, sondern auch darauf, ob es denkbar ist, dass er sich in Krisen- und Kriegszeiten anders verhalte. Was ist also von jemanden zu erwarten, der bereits in für ihn günstigen Zeiten die Bevölkerung täuscht, ohne dass Anlass und Druck auf ihn einwirken?

Daher verwundert die große Anhängerschaft von Guttenbergs. Wo werden seine Leistungen gesehen? In der vorschnellen Amtsenthebung von Oberst Klein, die damit die öffentliche Diskussion über die wahren Vorgänge beim Angriff auf den Tanklaster in Afghanistan beendete, in der Umstrukturierung der Bundeswehr, die nur einer zu erwartenden öffentlichen Forderung des BVerfG zuvorkam, in der überstürzten Amtsenthebung des Kapitäns der Gorch Fock, die die ‚politische Gefahr‘ einer öffentlichen Aufklärung zur Verwirklichung der Grundrechte innerhalb der Bundeswehr beseitigte und disziplinarisch wohl weit überzogen war, oder in der Affäre um die Öffnung der Privatpost von in Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten, damit sichergestellt war, dass die wahren Vorgänge um den Tod eines Bundeswehrsoldaten nicht an die Öffentlichkeit gelangten. Viel mehr bleibt bei unverblendeter Sicht nicht.
Ich, mit Verlaub, kann hier für Herrn von Guttenberg keine aus demokratischer Sicht überzeugenden Argumente für ein Verbleiben und auch nicht für eine Rückkehr in ein öffentliches Amt erkennen. Blendendes Aussehen und alter Adel sind keine maßgeblichen Werte eines Rechtsstaates.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Menschenfeind oder Messias ?

Schaut man sich die Biografie von Julian Assange an, so begründet sie beides. Einige Psychologen werden belegen, dass man mit einer solchen, von mütterlichem Verfolgungswahn geprägten Jugend nicht normal (werden) sein kann und zwangsläufig seiner Umwelt misstrauisch und feindlich gegenüberstehen muss.
Andere Psychologen stimmen zwar mit dem ersten Punkt überein und schließen ebenfalls eine normale Sozialentwicklung aus. Für sie bedeutet ‘normal‘ aber eher ‚durchschnittlich‘. Und den Unterschied erkennen sie darin, dass sie die Behauptung der ersteren Begutachter, dass eine eher asozialen Prägung vorliegt, verneinen und gegenteilig durch das ständige Erfahren von Unrecht – unabhängig ob es nur empfunden wurde oder real war – einen hoch entwickelten Sinn für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit, mithin für hochsoziale Werte, erkennen wollen.
Nun, um die Quintessenz vorweg zu nehmen, wie in den meisten Fällen dürfte die Wahrheit in der Mitte liegen.

Nach dem Kantschen Dogma ist Unwahrheit immer unmoralisch und niemals gerechtfertigt. Im Gegenschluss ist somit Wahrheit immer rein und schuldlos. Ist sie immer soziales Gebot.
Nun hat Assange auf seiner Internetplattform Wikileaks ja nicht die Unwahrheit, sondern gerade die Wahrheit veröffentlicht. Er hat damit bloßgestellt, dass viele Politiker von erheblichem Einfluss auf die Geschehnisse der Welt und die Schicksale ihrer Bürger schlicht die Unwahrheit gesagt und geschrieben haben, um damit (eigennützige) Ziele zu verfolgen, zu denen sie sich wiederum weigern, sie offen zu erklären.
Im Kantschen Sinne ist Assange ein Held, der unter hohem persönlichem Risiko der Wahrheit dient und die Entmündigung der Bürger bekämpft.

Nun war Kant auch zu seiner Zeit nicht unumstritten, denn außer der Wahrheit gibt es natürlich andere Güter mit gleich hohem Sozialanspruch. Zum Beispiel der Sozialfriede, sei es im privatem, im nationalem oder im internationalem Raum.
Ist es z.B. moralischer, jemandem, der ansonsten ein glückliches Leben führt, die Wahrheit zu sagen, wenn es deren Konsequenz ist, dass er anschließend Selbstmord begehen wird, Amok laufen wird oder einen Krieg anzettelt?
Ich kann hier nicht dem Kantschen Imperativ zustimmen. Notlügen müssen erlaubt bleiben, weil die Wahrheit in machen Fällen ausschließlich negative Folgen hat, die Unwahrheit jedoch keinen negativen, ja keinerlei Einfluss hat, also die Situation nicht verschlechtert. Das gilt für den privaten Bereich als auch für die politische Ebene.

Aber was ist nun eine Notlüge? Ist es Notlüge, wenn Georg Bush jun. dem Irak vorwirft, chemische und atomare Waffen für einen Angriff gegen Israel zu produzieren und hiermit einen eigenen Angriffskrieg begründet, obwohl er von seinem Geheimdienst genaustens weiß, dass seine Vorwürfe nicht wahr sind?
Nein, solche Lügen gehören aufgedeckt, denn sie halten keine Übel fern, sondern sie produzieren es. Wer behauptet, die Aufdeckung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien illegitim, weil sie Unruhe verursacht, verkennt die Lage, dass nicht der Überbringer einer schlechten Botschaft der Bösewicht ist, sondern diejenige, der die so veröffentlichte Tat begangen hat. Kein Mensch käme auf die Idee, die Personen, die die Menschenrechtsverletzungen der Nazis erforscht, veröffentlicht und zur Anklage gebracht haben, als Verbrecher zu bezeichnen, weil sie die Verbrechen aufgeklärt haben, um den Opfern ihre Würde wiederzugeben und die Verbrecher nicht ungestraft davon kommen zu lassen, wodurch sie womöglich in der Lage wären, erneut unmoralisch und unsozial zu handeln. So gesehen fallen auch alle Folgen der Aufklärung und Veröffentlichung genau denen zu, die die veröffentlichten Taten begangen haben. Die Taten sind wesentliche und grundlegende Ursachen ihrer Folgen, auch wenn die Folgen erst durch die Veröffentlichungen der Taten ausgelöst werden. Wäre es anders, so könne jeder Staatsmann Völkerrechtsverbrechen begehen und seine nach internationalem Recht vorgesehene Bestrafung mit dem Argument verhindern, dass damit seine Taten bekannt würden, was zu weiteren unerwünschten Folgen führe.

Notlüge ist es allerdings, wenn Diplomaten sich zum Zwecke von politischen Verhandlungen ein genaues Bild ihrer Verhandlungspartner machen, ohne dies offen erkennen zu geben.
Bedenklich und unmoralisch wird es jedoch, wenn sie dabei ermittelte Schwächen ihrer Gegenüber erpresserisch ausnutzen, um für ihre Partei ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen.
Aber auch hier gibt es einen Einwand.
Welcher demokratische Staat hat das Recht, Politiker, die auf Grund ihrer Schwächen erpress- oder manipulierbar sind, in ihre Funktion einzustellen?
Hat der Bürger nicht ein Recht auf integere politische Repräsentation? Hat ein (un)-heimlicher Alkoholiker, eine korrupte Persönlichkeit oder ein unterdurchschnittlich gebildeter Mensch das Recht, die Bürger seines Staates zu vertreten, nur weil er der ‚richtigen‘ Partei angehört und in ihr undefinierten Einfluss auf seine eigene Kandidatur ausüben kann?
Wird er nicht zu Recht durch Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass er den Bürger auf Grund seines Charakters nicht repräsentieren kann? Hat nicht der Bürger einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, wer ihn vertritt, wenn er schon nicht das Recht hatte, ihn in das Amt zu wählen, weil sich dessen Partei dieses Recht vorbehält?
Andererseits gibt es rein private Dinge, wie die sexuelle Orientierung oder Ereignisse aus dem Privatleben, die allzu menschlich sind und keinerlei Einfluss auf die politische Tätigkeiten, jedoch zweifellos ein gewisses Erpressungspotenzial haben. Sie gehören nicht veröffentlicht, so lange das zu negativen Auswirkungen für die Betroffenen führen kann. Es ist schlicht und einzig ihre private Sache, ob sie darüber sprechen wollen oder nicht und beides nutzt und schadet in keinem Falle einem Dritten.

Mittwoch, 3. November 2010

Perfektes Timing

Im Mai 2010 verkündete Roland Koch für fast alle überraschend, von seinem Amt als Hessischer Ministerpräsident zurückzutreten. Unterstellungen, Begründung sei wohl ein Job-Angebot der Industrie, das ihn wirtschaftlich erheblich besser stelle, wies er entrüstet zurück.
Ja er behauptete sogar, ohne Rettungsanker ins kalte Wasser zu springen und sich erst einmal ein halbes Jahr auf sein Familienleben zurückzuziehen, ehe er sich überhaupt auf die Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung begebe.
Bravo! Das halbe Jahr ist gerade vorüber und nicht einen Tag später hat Herr Koch bereits einen neuen Job, der sein bisheriges Einkommen rund verzehnfacht. Das halbe Jahr Urlaub rechnet sich so nachträglich. Bereits im Dezember 2010 ist seine finanzielle Situation besser als sie bei Verbleiben im Amt im April 2011 gewesen wäre. Dabei muss man nicht einmal ins Kalkül ziehen, dass er ja auch während seines halbjährigen Urlaubs durchaus vom Land Hessen zur Überbrückung weiterbezahlt wurde, einen Dienstwagen fuhr, ein Büro samt Sekretärin auf Steuerzahlerkosten zur Verfügung hatte.
Die Arbeitslosen und Hartz4 Empfänger sollten sich ein Beispiel nehmen. Koch belegt doch die angebliche Aussichtslosigkeit einer Arbeitsuche als ausflüchtig. Er hat seine Arbeitslosigkeit von heute auf morgen behoben und sein Einkommen dabei verzehnfacht. Also Hartz4 Empfänger keine Ausreden mehr und die Ärmel hochkrempeln.

Aber vielleicht nutzt das nichts. Vielleicht ist Herrn Kochs Geheimwaffe ja ein Geflecht aus Beziehungen, das andere nicht aufweisen können, weil sie zu dumm waren, bei Zeiten Vorsorge zu treffen. Zielstrebigkeit lässt sich nicht erst dann aus dem Ärmel schütteln, wenn die Not schon vor der Tür steht.
Herr Koch hat vor rund dreißig Jahren bereits als Student eifrig alle Weichen gelegt. Und weil es viel mehr Weichen als eigene Hände gibt, hat er rechtzeitig Bündnisse geschmiedet. Ist doch logisch. Warum sollte er zum Beispiel in ein anderes Bundesland fahren, um dort Strippen zu ziehen, wenn vor Ort Kumpel wohnen, die das für ihn erledigen konnten. Natürlich nicht ohne Gegenleistung. Dafür hat er dann in seinem Wirkungsbereich diesen Verbündeten die Wege planiert.

Wie gut das funktioniert hat, belegt, dass alle Mitglieder seines Studentenbundes ‚Tankstellen Connection‘ und des Geheimbundes ‚Andenpakt‘ später Karriere gemacht haben, zum großen Teil sogar Ministerpositionen in Bund und Ländern erreichten. Von rund 17 Bündnisbrüdern (eine davon im eigentlichen Sinne Schwester) kamen anschließend 9 in Ministerämter, letztlich alle in hohe politische Funktionen. Das lässt sich mit demokratischen Prozessen nicht mehr erklären.
Als die CDU am 7. Februar 1999 die Hessische Landtagswahl gewann und Roland Koch Hessischer Ministerpräsident wurde, sorgte er entsprechend der getroffenen Geheimabsprache dafür, dass seine engsten Vertrauten des Andenpakts Köpfe der Hessischen Schlüsselministerien wurden. Qualifikation spielte da keine Rolle, das Bündnis, das Herrn Koch auf den Schild gehoben hatte, musste in allen Punkten erfüllt werden. Zumal größere Aufgaben warteten. Nach der von Thomas Wieczorek geschriebenen Biografie war seit Studententagen Kochs Endziel das Bundeskanzleramt, mit, zu seinem jetzigen neuen Ziel, vergleichsweise geringem Einkommen aber höchster Reputation und sicheres Sprungbrett für einen anschließenden Wechsel in höchste Wirtschaftskreise. Das hat sich wohl zerschlagen, denn Kochs Andenpaktspartner und Vertrautem Franz-Josef Jung war es nicht gelungen, in Berlin eine entsprechende Seilschaft gegen Frau Merkel zu knüpfen. Im Gegenteil, Jung selbst konnte sich nicht gegen Merkels Streitmacht halten und verschwand nach kurzem Intermezzo als Verteidigungsminister in der Versenkung.
Roland Koch hat diese Zeichen wohl verstanden und die Weichen selbst neu umgelegt. Wenn auch seine politischen Ambitionen damit beendet sind, bedeutetet das ja wohl nicht das Ende des Männerbündnisses und der Schritt Kochs weckt die Hoffnung, dass er jetzt seine Position nutzt, seinen anderen Andenpaktmitglieder in Positionen nachzuziehen, in denen sie zwar mehr verdienen, aber weniger politischen Schaden anrichten können. Zu ihrem Nutzen und dem Nutzen der Demokratie.

Sonntag, 26. September 2010

Ende aller Hoffnung

Als das Bundesverfassungsgericht am 9. Februar 2010 die Hartz IV Sätze als menschenunwürdig niedrig beschied und festlegte, dass auch ein Hartz4 Empfänger einen Rechtsanspruch hat, in einem Mindestmaß am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben, dachten vielleicht viele verarmte Arbeitslose - darunter längst Ingenieure und andere Akademiker -, sich endlich wieder wenigstens ein Mal im Jahr die Eintrittskarte zu einem Konzert, einer Theateraufführung, ja ihrer Familie auch nur einen mehrfachen Besuch des Freibads gönnen zu können.

Nun hat die Bundesregierung das Urteil – wie sie sagt – umgesetzt. Hartz4 Empfänger erhalten sage und schreibe 5,- Euro mehr im Monat. Das sieht nicht nach einer spürbaren Veränderung bezüglich der Lebensqualität aus.
Man denke, die selben Parlamentarier, die sich selbst vor weniger als einem halben Jahr, nämlich am 9. Mai 2010 ihre eigenen Bezüge von 8.159,- Euro um 334,- Euro (sprich rund 10,- Euro pro Tag) erhöht hatten, nachdem sie sich bereits im Jahr 2008 eine auf die Jahre 2008/2009 verteilte Erhöhung um 607,- Euro genehmigt und damit begründet hatten, einen Anspruch auf Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten und an den Zuwachs der Wirtschaftsleistung zu haben, verweigerten Gleiches den Personen, die ohne eine soziale Absicherung, wie sie sich die Parlamentarier im Falle eigener Arbeitslosigkeit durch Ausscheiden aus dem Parlament selbstverständlich auch gesetzlich geregelt haben, arbeitslos wurden.

Der Hartz4 Empfänger soll nach Beschluss nun statt 345,- Euro ganze 350,- Euro (bei kostenfreier Wohnung) im Monat zur Verfügung haben.
Nun, zugegeben, es ist unfair, die Bundesregierung so schäbig darzustellen. Erstens, läppert sich die Diätenerhöhungen vom Juli 2010 bei der vergleichsweise geringen Abgeordnetenzahl nur auf 2,4 Millionen Mehrkosten für den Steuerzahler zusammen. Hingegen addiert sich die Aufstockung von Hartz4 zu Milliardenbeträgen. Aber, dennoch bleibt ein Unterschied: Wohl die meisten Hartz4 Empfänger würden, wenn es um Bremsung der Kosten geht, zuerst bei sich sparen und versuchen, so weit es geht ihren Schutzbefohlenen ein würdiges Leben zu ermöglichen. Und das tut ihnen sicher immer weh. An diesem Modell hätten sich die Parlamentarier ein Beispiel nehmen können und zuerst bei ihren eigenen Bezügen auf die Kostenbremse treten sollen, zumal es ihnen bei mehr als 8.000,- Euro Monatsbezügen (ohne die teils mehrfach so hohen Vergütungen aus Nebenbeschäftigungen) sicher keinesfalls weh getan hätte.

Zweitens hat sie – so sagt die Bundesregierung – ja die Bezüge realiter um weit mehr als 5,- Euro im Monat angehoben. Sie hat nur vor der Erhöhung die sinnlosen Ausgaben der Hartz4 Empfänger bereinigt. Diesen sozusagen als Universalvormund – nichts-desto-trotz unkontrollierbar - verboten, weiter Geld für Alkohol und Zigaretten auszugeben. Natürlich ohne anzugeben, dass sie Gleiches tun könnten.
Unterstellt man nun, der Hartz 4–Empfänger sei starker Raucher und Kneipengänger, so kommt er – so sicher die Überlegung der Parlamentarier – täglich auf fünf bis zehn Euro für Zigaretten und verbraucht noch mal das Gleiche für seinen Kneipengang (dem ja kein kulturelles und sozial zwischenmenschliches Bedürfnis zu Grunde liegt). Durch das nun ausgesprochene Verbot, an das sich ja jeder Hartz4 Empfänger unbedingt halten muss und es natürlich auch wird, spart er monatlich mindestens 300,- Euro. Zählt man diesen Betrag nun zum neuen Hartz4 Satz hinzu, so steht ihm durch die gesetzliche Neuregelung de facto eine neue Kaufkraft in Höhe von wenigstens 650,- Euro zur Verfügung. Das ist mehr als eine Verdopplung seiner Bezüge. Davon können die Parlamentarier nur träumen, die sich selbst ja nur 8% geleistet hatten.

Sehr spendabel und großzügig, hätte es nicht zwei Denkfehler. Es gibt sicher einige Hartz4 Empfänger, die nie geraucht haben und sich den Kneipengang aus Armut und Verantwortung längst abgeschminkt hatten. Für die – in den Augen der Bundesregierung sicher die besseren Bürger – bleibt es bei 5,- Euro Zuwachs. Das Geld reicht nicht einmal für das Schreiben einer Stellenbewerbung mehr im Monat.
Und noch einen Denkfehler hat das Ganze. Schon Wilhelm Busch hatte vor rund 160 Jahren mehr Weitblick als die Parlamentarier, als er konstatierte ‚wer Sorgen hat, hat auch Likör‘.
Wer nicht bereits Alkoholiker war, bevor er erstmals Hartz4 erhielt, der wurde es unter Umständen wegen seiner täglich Sorgen mit Hartz4. Nun ist Alkoholkonsum allerdings anerkannte Sucht und daher leider trotz ‚Anweisung‘ der Bundesregierung nicht so einfach zu beenden. Wenn das Parlament nun schlicht die weiteren Ausgaben für die, von der Bundesrepublik massiv (wegen der Steuereinkünfte) geförderten, Süchte Alkohol, Nikotin und dazu gehört auch noch die durch das Lottoangebot der Bundesländer geförderte Spielsucht ignoriert, so werden diese Kostenbelastungen für die Betroffenen nicht dadurch obsolete. Die Würde wird an den Hartz4 Empfänger weiterhin vorbeigehen.
Die Bundesregierung sollte sich vielleicht (anstatt mit Keynes) mit dem sehr viel weiter denkenden Henry Ford befassen, der heute als Prototyp des rationalen Markwirtschaftlers gesehen wir. In seiner 1923 veröffentlichten Biografie ‚Mein Leben und Werk‘, das nach dem Life-Magazin zu den einhundert bedeutendsten Büchern der Welt zählt, beschreibt er sehr detailliert, dass nichts wichtiger ist, als den Armen Geld zu geben (was er in seiner Firma auch vorbildlich tat, indem er überdurchschnittliche Löhne und Gewinnbeteiligungen bezahlte) , weil man ansonsten keine Kunden habe, die die gefertigten Produkte kaufen könnten.
Es ist daher volkswirtschaftlich unwirksam, einem satten Parlamentarier mehr Geld zu geben. Er legt es bei seiner Bank an, die das Geld umgehend im Ausland investiert, weil dort höhere Zinsen bezahlt werden.
Ein Hartz4-Empfänger hat einen so lange aufgestauten Nachholbedarf, dass er das Geld sofort wieder in den Waren-/Geldkreislauf einbringt, was letztlich heimischen Betrieben und Arbeitsplätzen zu Gute kommt und Einkommen und Steuern generiert, die allen nutzen, - nicht zuletzt den Parlamentariern selbst.
Eine drastische Erhöhung der Hartz4 Sätze wäre angemessen und sinnvoll gewesen. Allerdings, um den Abstand zu den Löhnen zu wahren (wie es das Verfassungsgericht in seinem Urteil verlangte), verbunden mit einem fairen Mindestlohn für Arbeitsverhältnisse.