Sonntag, 19. Juli 2009

Supereinkommen folgt Superleistung?

Wendelin Wiedeking braucht kein Lotto zu spielen, auch wenn es nicht unwahrscheinlich ist, dass gerade das Spielen mit großen Geldbeträgen Charakterzug seines Berufsstandes ist. Sein Jahreseinkommen in Höhe von geschätzten 80 Millionen Euro (Stand 2008) übersteigt bei Weitem die Summe aller Lotto-Jackpotte des gleichen Jahres, und um diese zu gewinnen bedarf es einer mathematischen Wahrscheinlichkeit, die schon an Minus-Unendlich heranreicht. Das bedeutet schlicht, selbst ein extrem gut qualifizierter Arbeiter hätte bei Einsatz alles aus seiner Lebensarbeitskraft geschöpften Geldes nicht die geringste Chance, diese Summe durch Glücksspiel zu gewinnen.

Nun, dann ist es eben kein Glück, solche hohen Einkommen zu erzielen, sondern doch wohl Leistung.
Gehen wir nun davon aus, dass z.B. Herr Wiedeking in Aachen von einem Professor ausgebildet wurde, der sicher deutlich mehr wusste als Herr Wiedeking. Wie anders wäre sonst ein Wissensfluss vom Professor zum Studenten möglich. Hinge das Gehalt daher von Wissen ab, so müsste der Professor wohl deutlich mehr Einkommen haben als Herr Wiedeking. Hat er aber nicht. Herr Wiedeking erhält in etwa das tausendfache Einkommen eines Professors.

Nun, dann liegt es wohl an der Arbeitskraft. Herr Wiedeking arbeitet wohl sehr viel schwerer als normale Bürger. Schauen wir uns also einen Schwerarbeiter an, z.B. einen Arbeiter im Bergbau, der bei dreißig Grad Hitze und ununterbrochenem, ohrenbetäubendem Lärm, bei Staub und zugleich Nässe tausend Meter unter Tage bei ständiger Unfallgefahr mit einem schweren Presslufthammer das Erz abbaut, das später als Werkstoff in der von Wiedeking geleiteten Fabrik landet. Natürlich wird dieser Vergleich Herrn Wiedeking nicht gerecht, denn der ist ja zur Zeit 56 Jahre und bringt immer noch seine Arbeitsleistung ein, während der Bergarbeiter dieses Alter berufsbedingt oft gar nicht erlebt, also in diesem Alter mangels Existenz oder wegen beruflicher Arbeitsunfähigkeit gar nichts mehr verdient. Wohl zu Recht, denn ein Verdienst ist ja prinzipiell Wirkung eines Dienstes und einen solchen kann der Bergarbeiter mit 56 körperlich kaum noch leisten. Aber nehmen wir hypothetisch an, seine Arbeitsleistung hätte den Bergarbeiter nicht bereits mit 56 Jahren längst zum körperlichen Wrack gemacht, so brächte ein Gehaltsvergleich, dass Herr Wiedeking so ziemlich das viertausendfache Einkommen eines Schwerstarbeiters hat. Ein Bergbauarbeiter müsste also körperlich in der Lage sein, viertausend Jahre lang unter Tage zu arbeiten und dabei kein Geld für Nahrung, Wohnung, Gesundheit, Familie und Kultur auszugeben, bis er das Jahresgehalt von Herrn Wiedeking angespart hat, sofern die natürlich erfolgende Inflation den Geldwert bis dahin nicht auf einen Bruchteil des Wertes zum Jahres der Arbeitsleistung verzehrt hätte.

Also liegt es auch nicht an der eingebrachten Arbeitsleistung, die hohe Managergehälter begründen. Es muss daher das Ergebnis der Arbeit sein. Ein Produkt aus Arbeitseinsatz, Wissen und Glück, somit eine unitär stimmige Ausnahmeposition des Managers, die es ihm ermöglicht materiell völlig unbegründete Forderungen zu stellen. Es geht dabei nicht mehr um die Leistung die er materiell einbringt, sondern alleine um die Frage, was passiert, wenn ich streike, kündige, meine Leistung anderweitig nicht mehr einbringe oder am schlimmsten, bei Kündigung zur Konkurrenz gehe. Führt das zu einem erheblichen Umsatz- und Gewinneinbruch bei der Firma? Über diese Frage, was passiert, wenn ... , kann man spekulieren. Es könnte Glücksfall für die Firma werden, die Forderung des Managers abzulehnen und ihn herauszuschmeißen. Aber es könnte auch Gegenteiliges herauskommen. Insbesondere, wenn der Manager ein persönliches und auf Gegenseitigkeit beruhendes Filzgeflecht mit gleichgesinnten Managern von Zulieferbetrieben, Managern von Geschäftspartnern und Politikern aufgebaut hat, das wesentlichen Einfluss auf die künftige Geschäftsentwicklung hat, besteht ein erhebliches Erpressungspotential. Seiner Forderung nicht nachzugeben könnte höhere Folgekosten haben, als ihr zuzustimmen. Da ist man besonders bei großen Firmen auf der sichereren Seite, die Managerforderung auf die Löhne der Erzeuger des materiellen Gegenwerts von Umsatz-und Gewinn, nämlich der wehrlosen Arbeiter, umlegen. Bei knapp mehr als siebentausend Mitarbeiter von Porsche macht eine Lohnerhöhung von zwanzig Millionen für Wiedeking gerade mal rund zweitausendsiebenhundert Euro Lohnverzicht pro Jahr und Arbeiter aus und das ist dem Arbeiter angesichts der schlechten Absatzsitution durchaus zumutbar. Er kann froh sein, seinen Arbeitsplatz behalten zu können. Der moralische Gewinn und emotionale Auftrieb der Tatsache, dass Deutschland mit einem Hundert Millioneneinkommen einen weltweiten Spitzenmanager hat, ist diesen kleinen Verzicht sicher Wert. Wir sind dann nicht nur Pabst, Weltmeister und Bundeskanzlerin, sondern auch Spitzenmmanager.

Aber zurück auf den Boden der Tatsachen. Es ist schlicht unmoralisch, wenn Manager mehr Geld verdienen, als sie je für eigene Lebnsaufwendungen nutzen können. Kein Mensch kann real eine solche Leistung erbringen und kein Mensch kann – unabhängig der Verteilungsgerechtigkeit - pro Tag einen sinnvollen Konsum von rund zweihundertzwanzigtausend Euro geltend machen. Wiedeking könnte jeden zweiten Tag ein Mehrfamilienhaus erwerben, vermieten und durch weiteres, zusätzliches Einkommen erzielen. Letztlich würde sich sein Besitz wie eine Krake erst über ganz Deutschland ausbreiten, um schließlich über Einkommen, Zinsen- und Zinseszinsen die ganze Welt zu vereinnahmen, sofern kein Regulativ besteht, das das verhindert. Und dieses Regulativ ist schlicht die Verfassung, denn ein solcher Besitzstand bedeutet schlicht die Versklavung des Volks, denn letzte Konsequenz ist, dass der Kapitalbesitzer irgendwann gar nicht mehr arbeiten muss, sondern das ‚tut ja sein Geld‘ und ihm dennoch das gesamte Volksprodukt zufällt, da ihm alles und damit der Ertrag aus allem gehört und ihm gegenüber alle so verschuldet sind, dass sie ihren Arbeitsertrag als Zinsen und Pachten an ihn abliefern müssen.

Das zu verhindern bedeutet schlicht, Einkommen nur so weit zuzulassen, wie sie zum eigenen Leben sinnvoll einsetzbar sind und den Überschuss entweder nicht zulassen oder durch rigorose Besteuerung abzuschöpfen.

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