Sonntag, 22. August 2010

Rente mit 67

Wenn es nach der SPD geht, dann wird die von ihr 2007 initiierte und mitbeschlossenen Rente mit 67 wieder gekippt. Das hatte ich bereits seit Jahrzehnten verlangt, denn eine Rente zu einem einheitlich festgelegten Alter ist schlicht ungerecht. Allerdings sind die neuen Vorstellungen der SPD noch immer keinesfalls Konsequenz der Realität. Die SPD sieht das von ihr mitzuverantwortende Unrecht darin, dass viele Arbeiter ja faktisch überhaupt nicht in der Lage sind, bis zum Zeitpunkt des Renteneintritts zu arbeiten; entweder, weil sie nach nicht selbst zu verantwortender Kündigung keinen Arbeitsplatz mehr finden oder gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, den zig Jahre zuvor erwählten Beruf weiter auszuüben, dessen Qualifikationsgrundlage sich zudem entscheidend verändert hat. Der vorrentlich erzwungene Ruhestand ist dann mit erheblichen sozialen Einbußen verbunden. Insbesondere gilt dies bei Arbeitslosigkeit, bei der der Lebensstandard des Betroffenen nach kurzer Zeit auf Sozialhilfeniveau absinkt, er aber zuerst sein bisher erworbenes Vermögen aufbrauchen muss, ehe er überhaupt Sozialhilfe erhält. Er, der zuvor mit seinen Steuern dazu beigetragen hat, einem Heer von Beamten einen Lebensstandard zu ermöglichen, von dem er selbst nur träumen kann, muss dann erleben, wie diese in vergleichbarer Situation völlig altersunabhängig sofort eine, seine zu erwartende Rente durchschnittlich um das 1.5-fache übersteigende Pension erhalten, ohne dabei alles zuvor erzielte Vermögen zuvor auch nur antasten zu müssen.

Nun (erst) hat die parlamentarische Fraktion der SPD (als einzige) erkannt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Berufsausübung und der durchschnittlich maximal möglichen Lebensarbeitsbelastung gibt und sie möchte das korrigieren. So gibt es Berufe, die gesellschaftlich unverzichtbar sind, bei denen aber die Körper der Arbeiter bereits lange vor dem heutigen gesetzlichen Rentenalter so verschlissen sind, dass sie arbeitsunfähig sind. Ausgerechnet diese Berufe werden meist noch schlecht bezahlt, wodurch weder Rücklagen möglich sind noch hohe Rentenerwartungen bestehen. Tritt dann die Arbeitslosigkeit, wie nach Statistik zu erwarten, vorzeitig ein, so wird der Betroffene letztlich durch Entzug seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dafür bestraft, dass er einen sozial wichtigen Beruf angestrebt hatte, den ansonsten wegen der Schwere der Arbeit nur wenige ergreifen. Mit selben Verständnis werden dann ausgeruhte Verwaltungsbeamte ohne jede finanzielle Einbuße (früh-)pensioniert, obwohl sie, gemessen an den Forderungen an Arbeiter, körperlich problemlos noch zehn Jahre länger berufstätig sein könnten. Dass das die SPD als Interessenvertreter der einfachen Arbeiter langsam als ungerecht erkennt ist großartig.

Aber sie hat nicht weitergedacht. Es ist auch seit Jahrzehnten bekannt, dass nicht nur die Dauer der Arbeitsfähigkeit berufsbedingt ist, sondern auch die Lebenserwartung an sich.
Ist es nicht ungerecht, wenn ein Beamter, der selbst niemals einen Beitrag zu seiner Altersvorsorge treffen musste, der ev. nach – vom Staat finanziertem – Studium kaum 30 Jahre lang täglich ins Büro gegangen ist, nach seiner Pension noch eine vom Steuerzahler voll versorgte Lebenserwartung von 20-30 Jahren hat (z.B. Bundes-Luftaufsicht: Zwangs-Pensionsalter 55 Jahren bei einer Pension, die durchschnittlich 3x so hoch ist, wie der Lohn eines Arbeiters. Eine solche Pension müssen statistisch 12 Arbeiter durch die Summe aller ihrern Steuern auf ihre Lebensarbeit aufbringen.), während ein körperlich hart arbeitender Bürger, der 40-45 Jahre lang seine eigene Rente finanziert hat, sich bei Arbeitsunfähigkeit vor einem Alter vor 60 Jahre mühselig unter Einsatz seiner Ersparnisse bis zur Rente durchschlagen muss, ja diese oft gar nicht erlebt oder den Renteneintritt nur noch wenige Jahre überlebt. Der damit nur in den Genuss eines Bruchteils seiner, ihm gesetzlich vorgschriebenen Rentenzahlung kommt und von seinem eingezahlten Geld nur wenig zurückerhält, geschweige denn Zinsen auf sein arbeitslebenlang eingesetzte Kapital erwirtschaftet, wie es wäre, könnte er seine Altersvorsorge durch Sparverträge selbst organisieren. In manchen Berufen ist es sogar die Regel, dass ein hoher Prozentsatz durch vorrentlichen Tod keinen Cent seiner einbezahlten Vorsorge zurückerhält.

Wer Renten- bzw. Pensionsgerechtigkeit will, der muss nicht nur das realistische maximale Alter für die Berufstätigkeit einbeziehen, sondern auch den Umstand, dass mit jeder Berufswahl auch eine statistische Lebenserwartung verknüpft ist. Gerechtigkeit bedeutet, eine für alle Berufe gleiche Jahreszahl von der statistischen berufsspezifischen Lebenserwartung abzuziehen, an der dann Anspruch auf Rente bzw. Pension eintritt. Es zählt nicht Gleichheit betreffs des Alters, mit dem Rente gewährt wird, sondern Gleichheit bezüglich der Jahre, die man nach Renteneintritt seinen durch eigene Einzahlung erworbenen Lebensabend in relativem Wohlstand und sorglos verbringen kann.

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